Bürgermeister und Stadtrat
Ein Spannungsfeld widerstreitender Aufgaben und Interessen
Seit der Kommunalwahl 1999 gibt es in Nordrhein-Westfalen in den Kommunen nicht mehr die "Doppelspitze" aus dem hauptamtlichen Stadtdirektor sowie dem ehrenamtlichen Bürgermeister. Es gibt nur noch den hauptamtlichen Bürgermeister. Die alte Kommunalverfassung, nach dem Krieg von den Engländern in ihren Besatzungszonen eingeführt, legte großen Wert auf eine unpolitische Verwaltungsführung. Sie sollte ausschließlich an Recht und Gesetz orientiert sein. Diese Trennung von Politik und Verwaltung wurde 1999 durch die damalige SPD-Landesregierung mit der erstmaligen Wahl eines hauptamtlichen Bürgermeisters aufgehoben.
Der Stadtdirektor hatte zuvor die Verwaltung nach Recht und Gesetz zu führen und die Beschlüsse des Rates umzusetzen. Der ehrenamtliche Bürgermeister war ausschließlich für die Leitung der Ratssitzungen sowie für die Repräsentation der Kommune zuständig.
Dieser neue Bürgermeister vereinigt nunmehr seit 1999 als Chef der Stadtverwaltung die bis dahin getrennten Funktionen des Stadtdirektors (ehemals Chef der Verwaltung) sowie des bisherigen ehrenamtlichen Bürgermeisters in seiner Person. Folglich wurden die vorher strikt getrennten Bereiche Verwaltung und Politik nun zusammen geführt. In der Praxis ergeben sich hieraus immer wieder Spannungen und Abgrenzungsprobleme. Sie führen dazu, dass in vielen Fällen die Verwaltung „politisch“ geführt wird.
Der heutige Bürgermeister wird in der Regel von einer politischen Partei ausgewählt und zur Wahl gestellt. Damit ist er auch der Politik dieser Partei verpflichtet, insbesondere, wenn er beim Ende seiner Amtszeit von ihr wieder neu nominiert werden will. Umgekehrt sieht sich im Stadtrat dann auch die „Bürgermeisterfraktion“ ihrem Bürgermeister besonders verpflichtet. Daraus ergibt sich eine Spannung zu ihrer gesetzlichen Verpflichtung, den Bürgermeister und seine Verwaltung zu kontrollieren. Das lässt sich auch hier in Meckenheim beobachten, besonders dann, wenn Vorhaben der Verwaltung zu neuen Schulden (Kreditaufnahme) führen. Dafür werden nämlich noch unsere Enkel und Urenkel aufkommen müssen.
Auch hinsichtlich der fachlichen Anforderungen ist eine Änderung eingetreten: der frühere Stadtdirektor musste seine fachliche Eignung für die Führung der Verwaltung durch einen mit Prüfung abgeschlossenen fachbezogenen Ausbildungsgang sowie darauf aufbauende Berufserfahrung nachweisen. Der heutige Bürgermeister muss, da er politisch in das Amt gewählt wird, solche Eignungsnachweise nicht erbringen. Folglich wird er mehr als früher juristische oder andere fachliche Expertise häufig bei externen Fachleuten einkaufen müssen. Dies verursacht beträchtliche zusätzliche Kosten. Auch dies ist in Meckenheim zu beobachten.
Die Verschmelzung von Politik und Verwaltung in der Person des Bürgermeisters war politisch motiviert. Die sich ergebenden praktischen Auswirkungen werden in Kauf genommen. Im Vergleich zum früheren Stadtdirektor wurden die Befugnisse des heutigen Bürgermeisters sogar noch ausgeweitet. Dies hat seine Stellung deutlich gestärkt.
Er hat im Rat sowie im Hauptausschuss bis auf wenige Ausnahmefälle volles Stimmrecht. Für fast alle Bediensteten entscheidet allein er über Beförderungen. Nur bei seinen leitenden Mitarbeitern muss er den Rat beteiligen. Rechtswirksame Verträge und Urkunden unterzeichnet er allein; die früher notwendige Zweitunterschrift ist entfallen.
Auch in Haushaltsangelegenheiten hat er weitreichende Befugnisse. Er allein entscheidet über die konkrete Ausführung des vom Rat beschlossenen Haushalts sowie des Stellenplanes. Der Rat gibt mit seiner Haushaltssatzung den finanziellen Rahmen vor. Der Bürgermeister darf ihn nicht überschreiten. Wohl dürfte er im Stellenplan vorgesehene Stellen nicht besetzen, im Haushalt vorgesehene Ausgaben nicht tätigen. Der Rat hat dabei keinerlei rechtliche, allenfalls eine politische Einwirkungsmöglichkeit.
Die Funktion des heutigen Bürgermeisters verlangt aufgrund der Bündelung von Verwaltung und Politik ein hohes Maß an Sachkenntnis und an politischem Verständnis. Vor allem auch die Fähigkeit, Erfordernisse der Verwaltung und Politik sorgfältig zu unterscheiden und sie in Einklang zu bringen. Die Machtfülle des Bürgermeisters und die Neigung seiner Partei, sich als „Bürgermeisterpartei“ zu verstehen, verlangt von den übrigen Parteien und Wählergruppen große Sachkenntnis, Fleiß und beträchtliches Engagement. Nur so ist eine wirkungsvolle parlamentarische Kontrolle zum Wohle aller Bürger möglich.